Rund vier Monate nach dem Wahlsieg Donald Trumps hat der S&P 500 rund acht Prozent verloren, während der Dax rund 10 Prozent vorne liegt. Damit dürften die wenigsten Marktteilnehmer gerechnet haben. Galt doch als ausgemacht, dass die von Trump neu entfachten „Animal Spirits“ den ohnehin vom „American Exceptionalism“ beflügelten US-Aktienmarkt in neue Höhen treiben würden. Es kam anders. Der erste Dämpfer erfolgte in Form eines jungen KI-Unternehmens aus China, DeepSeek, welches Ende Januar das KI-Narrativ und seine Preismodelle ins Wanken brachte. Und dann kam Donald Trump und enttäuscht die Märkte seitdem. Nicht zuletzt, da mittlerweile neben ihm auch mehrere Kabinettsmitglieder ihre Bereitschaft signalisiert haben, für die angestrebte Neuaufstellung der US-Politik und Wirtschaft die USA sogar in eine Rezession schlittern zu lassen.
Wie geht man mit den Prognosen am Jahresende zur Entwicklung der Märkte um. Die Illusion der Planbarkeit
Jedes Jahr wiederholt sich dasselbe Ritual: Auf der Suche nach Orientierung für das kommende Kalenderjahr wagen viele Menschen zum Jahreswechsel einen Blick in die Glaskugel. Die Hälfte der Deutschen liest gerne Horoskope. Vorhersagen über künftige emotionale Zustände oder zwischenmenschliche Beziehungen im Privatleben auf Basis von astrologischen Konstellationen sind beliebt. Sie bieten Orientierung, befrieden das Bedürfnis nach Kontrolle, regen zum Reflektieren an und bieten ein wenig Unterhaltung.
Kaum zu glauben, aber auch die Finanzmagazine und Jahresausblicke namhafter Investmentfirmen verfügen über einen Horoskop-Teil. Dieser wird meist mit dem Wort „Prognose“ getarnt. Auch die Investmentprofis streben nach Kontrolle und Vorhersagbarkeit für das kommende Börsenjahr.
Pünktlich zum Jahreswechsel fluten diese Institutionen deshalb unsere Postfächer mit Ausblicken für das kommende Jahr. Gewinneraktien, Branchenempfehlungen oder Vorhersagen über die Entwicklung von Indizes und Rohstoffpreisen. Zugegeben die meisten Hypothesen in diesen Veröffentlichungen folgen schlüssigen Argumentationsketten, sind mit Fakten untermauert und von hoch dotierten Volkswirten oder Anlagestrategen verfasst.
Die Versuchung diesen Argumentationen zu folgen ist hoch. Wie gerne würde man doch die künftigen Verlierer meiden, nur die Gewinner kaufen und damit besser abschneiden als der Markt und die Freunde am Stammtisch. Der Titel dieses Artikels verrät unseren Standpunkt einer solchen Investmentstrategie zwar bereits, aber Sie werden erstaunt sein, wie erschreckend falsch man mit dem Prognostizieren dann doch liegen kann.
Prognosen sind kein Indikator für zukünftige Wertentwicklungen
Dieser Satz sollte eigentlich allen Anlegern bekannt sein. Schließlich steht er unter jeder in Deutschland publizierten Werbemitteilung eines Finanzdienstleisters.
Leider wird dieser Satz öfter missachtet als gelesen. Das überrascht, denn ob Prognosen
richtig waren, lässt sich im Nachhinein leicht bestimmen.

Eine Auswertung des US-Finanznachrichtenhauses Bloomberg zeigt, dass auch die Wall Street nicht viel besser darin ist, die Zukunft des S&P 500 vorherzusagen. Beachtlich finden wir insbesondere, dass die tatsächliche Rendite des Index oft weit außerhalb der von den Experten vorhergesagten Bandbreiten liegt. Die tatsächlichen Indexrenditen sind damit viel volatiler als die prognostizierten Renditen. Es zeigt sich das gleiche Phänomen wie bei den deutschen Prognosen:
Es wird vorsichtig optimistisch – meist zwischen 0-10 % Rendite p. a. – geschätzt. Allein der Blick auf die Volatilität des Index – also die durchschnittliche Abweichung der Renditen eines Vermögenswerts von ihrem Durchschnittswert – offenbart, dass diese wenig mutigen Prognosen falsch liegen müssen.
Die Volatilität des S&P 500 liegt langfristig (je nach Betrachtungszeitraum) zwischen 12 und 20 %.
In vier der letzten fünf Jahren waren die Vorhersagen damit pessimistischer als die tatsächlichen Renditen. Wer als Anleger auf die Vorhersagen vertraute, hatte den Kursen wahrscheinlich hinterherschauen müssen und war trotzdem nicht vor den großen Bärenmärkten geschützt. Keines der Wall Street-Häuser hatte die großen Börsenkrisen (Dot-Com-Blase 2000, Finanzkrise 2008, Coronakrise 2020) der letzten 25 Jahre kommen sehen.
Dankenswerterweise macht sich das boerse.de-Finanzportal jedes Jahr die Arbeit, die Kursvorhersagen der bekannten deutschen Investmenthäuser zusammenzufassen und mit den tatsächlichen Jahresendwerten zu vergleichen. Die durchschnittliche Schätzung für den Schlusskurs des DAX für 2024 lag Ende 2023 bei 17.175 Punkten.
Tatsächlich kletterte der deutsche Leitindex über zweitausend Punkte höher auf 19.909 Zähler. Keine der aufgeführten Prognosen hatte eine solche Rally kommen sehen. Im Jahr zuvor das gleiche Bild:
Der Schlusskurs lag 1.500 Punkte über der mittleren Vorhersage.
Kursprognosen von Banken für Jahresendstände 2024 aus 2023
Wie mit dem USA-Konzentrationsrisiko umgehen?
Eine Frage, die uns derzeit von unseren Kunden häufig gestellt wird, ist: „Wie hoch sollen wir den US-Anteil in unserem Portfolio gewichten?“. Die Frage ist legitim. Denn der US-Aktienmarkt hat sich in den letzten Jahren deutlich besser entwickelt als der Rest der Welt.
Besonders die „Glorreichen Sieben“-Aktien (Microsoft, NVIDIA, Apple, Amazon, Google, Meta und Tesla) haben einen Großteil dieser Entwicklung getragen.
Anlegern wird mittlerweile bewusst, dass der Anteil dieser US-Unternehmen in den gängigen Indizes und den entsprechenden passiv gemanagten Indexfonds (ETF) außergewöhnlich hoch geworden ist. Der US-Anteil des wohl bekanntesten Index MSCI World beträgt aktuell circa 74 Prozent, wovon ein Viertel (24 Prozent) dieses „Weltaktienindex“ in den oben genannten sieben Aktien steckt. Die USA machten in 2024 allerdings „nur“ 25 Prozent der weltweiten nominalen Wertschöpfung (BIP) aus.
Nachdem viele große aktive Fonds die bekannten Indizes als Messlatte haben – und sich nachvollziehbarerweise nicht so richtig trauen davon abzuweichen – betrifft diese Konzentration nicht nur die passiven Fonds. Wie mit diesem Klumpenrisiko umgehen?
Wir sind ein großer Freund von aktiv und wie auch passiv verwalteten Fonds – bieten sie Privatanlegern in der Regel doch einen kostgengünstigen Zugang zu über Regionen, Sektoren und Unternehmen gestreuten Investmentportfolios.
Sie schützen Anleger vor dem Risiko, dass der Verlust bei einzelnen Unternehmen oder Marktsegmenten überproportional ins Portfolio durchschlagen. Dieser Effekt geht allerdings bei einer hohen Konzentration in wenigen Aktien oder einzelnen Sektoren verloren.
Natürlich kann man – wie zuletzt geschehen – auch von dieser Konzentration profitieren, wenn das übergewichtete Marktsegment weiter steigt. Zur Erinnerung: „Historische Renditen sind kein Indikator für die zukünftige Wertentwicklung“.
Blickt man am Beispiel des S&P 500 Index darauf, wie lange sich Unternehmen an der Spitze von Indizes halten, regt das zur Demut an. Auch wir wissen nicht, ob die Top-10 Firmen von heute 2030 noch in den vorderen Rängen vertreten sind. Die Gewinner von heute müssen nicht zwingend die Gewinner von morgen sein.
Zudem verändert die hohe Gewichtung der „Glorreichen Sieben“ das Risikoprofil eines Portfolios: Technologiewerte sind bekannt für ihre höhere Volatilität und Anfälligkeit gegenüber Marktzyklen.

Der US-NASDAQ-Index erlebte während der Dotcom-Blase 2000 einen Rückgang von 83 Prozent, weit über den Rückgang des S&P 500 hinaus. Auch wenn die heutigen Tech-Giganten solide Geschäftszahlen vorweisen, bleibt die grundsätzliche Sektor Anfälligkeit bestehen.
Muss ich meine Allokation überdenken?
Wir vertreten die Meinung, dass eine Anlagestrategie immer im Kontext der eigenen Lebenssituation gesehen werden muss. Bei jungen Menschen im Vermögensaufbau fällt das Konzentrationsrisiko weniger ins Gewicht.
Zum einen hat man die Zeit, Kursschwankungen auszusitzen und profitiert zudem von den automatischen Gewichtungsanpassungen, die ein Index mit sich bringt. Regelmäßige Sparraten helfen zudem günstiger einzukaufen, sollten die Kurse einmal fallen. Voraussetzung dafür ist, dass die zugrundeliegende Anlage bereits grundlegend über Sektoren und Regionen diversifiziert ist. Es sollte also immer in einen weltweiten ETF oder Fonds, idealerweise mit Schwellenländeranteil, investiert werden.
Finger weg von reinen US-Investments wie dem S&P 500 oder noch schlimmer reinen Regionen- und Sektorspezifischen Anlagen wie einem NASDAQ-ETF.
Anleger, die innerhalb der nächsten zehn Jahre Kapitalentnahmen planen – sei es für den Ruhestand, Konsum oder Investition – sollten Risikomanagement höher priorisieren und das Klumpenrisiko und die daraus zu erwartende höhere Volatilität aktiv reduzieren. Dabei sollte zum einen die Allokation innerhalb der Aktien (Regionen, Sektoren, Stile, Unternehmen) gut diversifiziert werden. Zum anderen ein Kapitalpuffer – zum Beispiel durch kurzlaufende Anleihen guter Bonität – für planbare Entnahmen aufgebaut werden.
Auch Investoren, die aus wirtschaftlichen oder emotionalen Gründen eine Anlagestrategie mit geringen Schwankungen bevorzugen, sind gut beraten, die Fehlervermeidung über die Renditeerzielung zu priorisieren.
Wie reduziert man das Konzentrationsrisiko sinnvoll?
Nun, wir wagen die Zukunft der „Glorreichen Sieben“ nicht zu prophezeien. Aus unserer Sicht liegt die Herausforderung nicht unbedingt in den Fundamentaldaten der großen US-Unternehmen. Sie sind zwar hoch bewertet – das waren sie aber schon die letzten Jahre und sie sind stets ihrer Bewertung hinterhergewachsen. Die Unternehmen haben solide Bilanzen, fast schon eine unheimlich starke Marktstellungen mit großen Wettbewerbsvorteilen und ein dynamisches Wachstum. Ebenso bedenklich, wie die „Glorreichen Sieben“ zu hoch zu gewichten halten wir es für falsch, gar nicht
in diesen Unternehmen investiert zu sein. Was kann also ein pragmatischer Weg sein, das Risiko sinnvoll zu managen?
In letzter Zeit sind eigens zu dem Zwecke den marktkapitalisierten Indizes entgegenzuwirken sogenannte gleichgewichtete („equal-weight“) ETFs aufgelegt worden: ETFs mit gleichmäßiger Verteilung aller Indexwerte. Beim S&P 500 würde die gleichgewichtete Variante das Gewicht der Top-10 Positionen von ca. 35 Prozent auf 3 Prozent reduzieren. In unseren Augen eine zu starke Wette gegen die großen Unternehmen zugunsten der mittleren Firmen, die dadurch eine Übergewichtung erfahren. Zudem haben diese ETFs im Vergleich zu den Standardprodukten deutlich höhere Handelskosten, da Titel regelmäßig genau auf Ihre Zielallokation gesetzt werden müssen. Aktien, die durch Kurssteigerungen wachsen, müssen verkauft werden. Aktien, die fallen, werden nachgekauft.
Der in unseren Augen sinnvollere Weg ist, das Portfolio durch die Hinzunahme von Aktien anderer Regionen (Schwellenländer und Europa) als auch Stile (global Value- und global Nebenwerte) zu ergänzen. Wir nutzen diese Bausteine, um das Gewicht der teuren US-Aktien zu steuern, bleiben aber trotzdem in den USA investiert. Somit erreichen wir in unseren Anlagevorschlägen eine ausgewogene Aktien-Allokation mit ca. 40-50 Prozent US-Anteil und 5-10 % Technologie-Sektor – weniger als im MSCI World. Zudem erweitern wir das Portfolio um andere Asset-Klassen. Insbesondere Anleihen und Rohstoffe, Gold bietet nicht nur Stabilität, sondern auch Schutz vor spezifischen Aktienrisiken.
Fazit: Die Dominanz der „Glorreichen Sieben“ stellt eine potenzielle Herausforderung für uns Anleger dar, die auf Diversifikation setzen. Eine bewusste Portfoliosteuerung, abgestimmt auf individuelle Ziele und Risikopräferenzen, bleibt der Schlüssel, um von den Vorteilen moderner ETFs zu profitieren, ohne deren inhärente Risiken zu übersehen.
Steuerbescheinigungen für das Jahr 2024
Bei den meisten Depotstellen FIL-Fondsbank, FNZ, DWS-FP und Templeton liegen ab
April/Mai die Steuerbescheinigungen vor. Allerdings sind diese häufig nur noch im Online-Postfach abrufbar und werden nicht mehr per Post versandt.
Bitte beachten Sie, dass die steuerlichen Ergebnisse der Depotstellen in Luxemburg (DWS FP, Templeton) in ihrer deutschen Steuererklärung angegeben werden müssen. Bei FIL-Fondsbank und FNZ werden durch die Vorabpauschale bereits fällige Steuern ans Finanzamt übermittelt und später automatisch verrechnet.
Falls Sie Unterstützung benötigen, melden Sie sich gerne bei uns.
Wir freuen uns auf Ihr Feedback und stehen Ihnen wie immer für Ihre Anliegen zur Verfügung.